Franca Viola war die erste Frau, die eine "Wiedergutmachungsehe" ablehnte: Ihr Mut ging in die Geschichte ein

von philine

15 März 2019

Franca Viola war die erste Frau, die eine "Wiedergutmachungsehe" ablehnte: Ihr Mut ging in die Geschichte ein
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Der Name Franca Viola stellt einen Meilenstein in der Bekräftigung der Frauenrechte in Italien dar, da die Geschichte dieser Frau in dieser Hinsicht einen grundlegenden Wendepunkt markiert.

Lange Zeit genossen Vergewaltiger, die sich an unverheirateten und jungfräulichen Frauen vergingen, das Privileg der sogenannten "Wiedergutmachungsehe", durch die sie Prozessen und Haftstrafen entgehen konnten; eine Erfindung der patriarchalischen Machogesellschaft, in der Vergewaltigung als Verbrechen gegen die Moral und nicht gegen die Person galt.

Ein System, das Franca in Frage stellte und gegen das sie gewann. Ihr Weg stellt eine grundlegende Etappe im Kampf für Frauenrechte dar.

via Franca Viola/Wikipedia

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ignoto/wikimedia

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Franca Viola war ein einfaches Mädchen von 15 Jahren, schön und unschuldig, verlobt mit Filippo Melodia, einem Neffen des Mafioso Vincenzo Rimi und Mitglied einer der reichsten Familien von Alcamo (Provinz Trapani). Alles beginnt als Franca, unzufrieden mit ihrer Beziehung, Filippo verlässt: Er akzeptiert es nicht, verlassen zu werden, und reagiert, indem er den Weinberg und das Haus von Viola in Brand setzt und mit einer Waffe ihren Vater Bernardo bedroht, der die Entscheidung seiner Tochter unterstützt. Obwohl Filippo verhaftet wird, gibt er seinen Racheplan nicht auf, und setzt diesen nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in die Tat um.

Es ist der 26. Dezember 1965, als Filippo mit Hilfe von zwölf Freunden in das Haus der Familie Viola einbricht, alles zerstört und Franca und ihren achtjährigen Bruder entführt, der nicht von ihrer Seite weichen will. Der Junge wird sofort freigelassen aber Franca bleibt acht dramatische Tage lang in den Händen ihrer Folterer, die ihr allerlei Gewalt antun.

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Am 1. Januar 1966 kontaktiert Filippo Francas Vater, um ein Treffen zu vereinbaren und die Situation durch die Wiedergutmachungsehe zu lösen. Bernardo Viola gibt vor, dieses Angebot zu akzeptieren, jedoch nur, um Franca befreien und Filippo verhaften lassen zu können. Tatsächlich verweigert Franca, unterstützt von ihrer Familie, diese Hochzeit und stellt sich damit gegen den damaligen Brauch und die damalige allgemeine Auffassung, nach der eine vergewaltigte und unverheiratete Frau eine "Schande" war, die die Familienehre unwiderruflich beeinträchtigen würde.

Es war nicht einfach für die Familie Viola: Während des Prozesses wurde Franca verunglimpft und beschuldigt. Dennoch blieb sie fest bei ihrer Entscheidung, unterstützt von ihrem Vater, der mit ihr gegen die Presse, das Gesetz, ja ganz Italien kämpfte, bis sie schließlich gewannen. Ihre Geschichte begann einen Prozess, der der Wiedergutmachungsehe ein Ende setzte und schließlich dazu führte, dass ab 1996 Vergewaltigungen als Verbrechen gegen die Person anerkannt wurden.

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1968 heiratete Franca Giuseppe Ruisi, einen Jugendfreund: Der Präsident der Republik Giuseppe Saragat und Papst Paul VI. gratulierten ihnen zur Hochzeit und empfingen sie sogar privat. Darüber hinaus schenkte ihnen der damalige Verkehrsminister Oscar Luigi Scalfaro ein Hochzeitsgeschenk: ein Ticket, mit dem sie einen Monat lang durchs ganze Land fahren konnten. Franca und Giuseppe bekamen zwei Kinder und leben heute noch in Sizilien, in Alcamo.

Im Jahr 2014 wurde Franca vom Präsidenten der Republik Giorgio Napolitano ein Verdienstorden verliehen. Als sie ihn entgegen nahm sagte sie, dass sie nicht mutig gewesen sei. Sie habe nur das getan, was sie fühlte, wie es heute jedes junge Mädchen machen würde: "Ich hörte auf mein Herz, der Rest kam von selbst. Heute rate ich jungen Menschen, ihren Gefühlen zu folgen; es ist nicht schwierig. Zu meiner Zeit war das noch anders, heute reicht es, dem Herzen zu folgen".

Im Namen aller Frauen können wir nur von ganzem Herzen sagen: Vielen Dank, Franca!

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