Diese 110-jährige Frau hat beschlossen, über 8.000 Bäume zu pflanzen, um sich von ihrer schweren Vergangenheit zu heilen

von Aya

02 August 2021

Diese 110-jährige Frau hat beschlossen, über 8.000 Bäume zu pflanzen, um sich von ihrer schweren Vergangenheit zu heilen
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Einige Geschichten können, wenn sie erzählt werden, zu wunderbaren Lektionen werden, die es weiterzureichen gilt. Eine davon ist die von Saalumarada Thimmakka, einer indischen Umweltschützerin, die ihren Schmerz in die Hand zu nehmen wusste, um ihn erblühen zu lassen. Thimmakka wurde in Karnataka geboren (einem Staat im Südwesten Indiens), in eine sehr arme Familie hinein. Als Kind erhielt sie keinerlei Bildung, denn für die Bedingungen, in denen sich ihre Familie befand, war es notwendig, dass auch sie als Coolie arbeitete (eine typische indische Arbeiterin). Doch Thimmakka züchtete auch Tiere, vor allem Schafe und Rinder. Ihre Aufgaben waren sehr hart und schwer dafür, dass sie von einem einfachen Mädchen erledigt wurden, aber zugleich waren sie extrem essentiell, um zum Lebensunterhalt ihrer Familie beizutragen.

via India Times

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 Instagram/Saalumarada_thimmakka

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Thimmaka heiratete jung, im Alter von 12 Jahren, und zwar Sri Bikkala Chikkayya, der selbst ebenfalls aus einer armen Familie stammt. Die beiden versuchten über 25 Jahre lang, ein Kind zu bekommen, doch jeder Versuch erwies sich als vergeblich. Als sie 40 Jahre alt war, kam die Diagnose wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Thimmakka würde nie Kinder bekommen.

Für ein Paar, das sich sehnlichst ein Kind wünschte, ist Unfruchtbarkeit per se ein immenser Schmerz, aber diese traurige Kondition war für sie ein großes Übel; unfruchtbare Frauen werden nämlich nicht wie alle anderen betrachtet und oft ausgegrenzt, obwohl sie unfähig sind, ein natürliches Ereignis zu kontrollieren. Kein Kind empfangen zu können war eine so schwer zu tragende Last, dass Thimmakka daran dachte, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Trotz allem heilte sie allerdings ihre Wunden mit dem, was wir als eine Art „natürliche Therapie“ verstehen, statt sich dem Schmerz zu überlassen: Sie pflanzte tausende Bäume und behandelte sie, als wären sie ihre Kinder.

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 Instagram/Saalumarada_thimmakka

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Die von Thimmakka ausgewählten Bäume waren Banyans: Immergünde, gigantische und majestätische Bäume, die als die meistverbreiteten der Welt betrachtet werden. Ihre Mission begann 1948, und im ersten Jahr pflanzte sie zusammen mit ihrem Mann zehn Setzlinge auf einer Strecke von circa vier Kilometern zwischen ihrem Dorf und dem nächsten. Die Setzlinge wurden an den Straßenrändern platziert, und aufgrund des sehr dürren Bodens und des spärlichen Regens gingen Thimmakka und ihr Mann jeden Tag nach der Arbeit zu Fuß die ganzen vier Kilometer mit Wassersäcken ab, um sie besprengen zu können.

Die zehn Setzlinge waren nicht die einzigen, die sie pflanzten: Mal für Mal pflanzte das Ehepaar Hunderte, alle sorgfältig geschützt, um sie gedeihen zu lassen und ihnen alles Nötige zu garantieren, um in Sicherheit zu wachsen. Wegen dieses großen Unterfangens ist Thimmakka als „Mutter der Bäume“ bekannt, aber ikonisch ist der Ehrentitel der örtlichen Gemeinschaft: Saalumarada, was auf Kanaresisch „Baumreihe“ bedeutet.

 Instagram/Saalumarada_thimmakka

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Bäume zu pflanzen wurde zum Lebensziel Thimmakkas und ihres Ehemanns Chikkayya, es war das Licht, das ihre Dunkelheit zerriss und ihren Schmerz weniger bitter machte. Aber das, was diese wunderbare Initiative besonders machte, war die Tatsache, dass die Umweltschützerin trotz des großen finanziellen Werts dieser Bäume in ihrem Land nie im Gegenzug Geld annahm und weiterhin bescheiden lebte, ohne sich je über ihre Armut zu beklagen.

Thimmakkas Ehemann starb 1991, aber sie hörte nie damit auf, ihrem Ziel treu zu bleiben, und pflanzte weiterhin ihre Bäume und kümmerte sich weiterhin um sie. Bis heute zählen sie mehr als 8.000. Thimmakkas Geste war so wichtig, dass sie von der Gesellschaft anerkannt zu werden und ein echtes Vorbild zu werden begann, dem es zu folgen gilt, wobei ihr sehr viel Ruhm zuteilwurde (wenngleich das nicht ihr Ziel war). Diese ihre immense Baumpflanzung kennzeichnete eine große Veränderung in Indien und inspirierte die Nation dazu, dem Umweltschutz größere Bedeutung beizumessen.

Heute pflanzt Thimmakka keine Bäume mehr, aber ihre Arbeit lebt durch ihren Adoptivsohn Sri Umesh weiter. Letzter war im Alter von 14 Jahren von Thimmakkas Geschichte verzaubert, und angetrieben von seiner extremen Bewunderung für sie beschloss er, sie treffen zu wollen. Abgesehen davon, in weiten Gebieten diverse Bäume zu pflanzen, verteilt Umesh heute Pflanzen an jene, die sie selbst pflanzen und pflegen wollen. So bringt er eine der wichtigsten Botschaften voran, die Thimmakka aufgebracht hat, und zwar die, dass jeder Mensch auf dieser Erde Bäume pflanzen sollte.

Thimmakka ist das lebende Beispiel dafür, dass eine Person sich trotz der ihr von der Gesellschaft auferlegten Etiketten befreien kann. Sie wusste zu beweisen, dass sie viel mehr war und noch heute ist als „eine unnütze unfruchtbare Frau“ oder „eine Analphabetin ohne Bildung“. Sie hat sich von Leidenschaft genährt und es geschafft, die Welt in Bezug auf den Umweltschutz zu sensibilisieren, ein sehr wichtiges Thema, das wir uns alle zu Herzen nehmen sollten. Aber von Thimmakka wird uns immer eine illustre Lehre bleiben, und zwar, dass man aus dem Schmerz wiedergeboren werden kann.

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