Dieser Mann hat eine Fantasiestadt im Maßstab 1:6 gebaut, um ein Trauma zu vergessen, das sein Leben auf den Kopf gestellt hat

von Aya

23 Mai 2021

Dieser Mann hat eine Fantasiestadt im Maßstab 1:6 gebaut, um ein Trauma zu vergessen, das sein Leben auf den Kopf gestellt hat
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Aus physischen und psychischen Traumata kann ein einzigartiges künstlerisches und unerwartetes Talent entstehen. Es gibt viele Geschichten von Menschen, die in ihrem Leben Ereignissen erlebt haben, die entschieden ihre Perspektive der Dinge geändert haben. Ob es ein schwerer Unfall oder eine schwächende Krankheit war, der plötzliche Verlust einer geliebten Person und dergleichen, all das sind Geschehnisse, die zwei Arten von Konsequenzen in jemandem erzeugen können: einen langsamen Abstieg in die Depression und das Fehlen von Begeisterung und Selbstwertgefühl oder das Entstehen eines kreativen und absolut unerwarteten Talents …

via The Guardian

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Phil Roeder/Flickr

Phil Roeder/Flickr

Heute möchten wir euch die unglaubliche, wahre Geschichte von Mark Hogancamp erzählen, einem Mann, der in Kingston, einem Vorort von New York, lebt und im Jahr 2000 ein physisches und psychologisches Trauma erlitten hat, das sein Leben für immer veränderte. Damals war Mark 38 Jahre alt und hatte wenige Aussichten auf ein erfüllendes Leben. Er hatte keine Freundin, er war nicht verheiratet, und er hatte keinen Job; Lücken, die er füllte, indem er oft in den nächsten Pub ging und Bier sowie andere Spirituosen trank. Und im Jahr 2000, als er sich gerade angenehm mit einigen Gästen des Pubs unterhielt, rutschte Mark heraus, dass er gern aus purem Vergnügen Frauenschuhe und Nylonstrümpfe trug. Ein Detail, das jene brutalen und bigotten Männer nicht ungestraft ließen: Sie warteten vor dem Lokal auf ihn, schlugen ihn zusammen und ließen ihn mit bedeutenden Hirnschäden zurück …

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Weird History/YouTube

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Mark lag ganze neun Tage lang in einem medizinisch induzierten Koma und erwachte in einer Welt, die er nicht mehr als seine wiedererkannte: Die Hirnschäden hatten einen Teil seiner Erinnerung an das ausgelöscht, was vor dem brutalen Angriff vor dem Lokal in Kingston geschehen war. Mark wusste jedoch, dass er nach der langen Reha, die es ihm gestattete, wieder richtig zu laufen und zu sprechen, all dieser Wut und Frustration und jenem Hass, den er für seine scheinheiligen Angreifer empfand, eine Form geben musste.

Aus diesem Grund beschloss er in den folgenden Jahren, sein psychologisch-physiologisches Trauma in die außergewöhnlichste künstlerische Kreation zu sublimieren, an die er denken konnte …

Weird History/YouTube

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Das, was Mark Hogancamp mit den Jahren realisierte, wurde später Objekt sehr großer Medienaufmerksamkeit, erst lokal und dann international, Teil von Fotoausstellungen und Installationen in namhaften Kunstgalerien. Mark rekonstruierte sein Städtchen Kingston mit Hilfe von Plastikpuppen, die er selbst zusammengefügt hatte, und Bauten im Maßstab 1:6, die er dank der im Handwerker- und Bastelladen des Viertels gekauften Materialien mit eigenen Händen errichtete. Das Städtchen, das aus Marks Verstand und kreativem Talent heraus entstand, wurde Marwencol getauft, sie spiegelt die Zeit des Zweiten Weltkriegs wider, und jede von einer Puppe oder Actionfigur repräsentierte fiktive Persönlichkeit ist die Sublimierung von Persönlichkeiten aus Marks echtem Leben: vom Anwalt, der ihm geholfen hat, seine Angreifer rechtlich zu verfolgen, über seine Mutter zu den wichtigsten Frauen in seinem Leben bis hin zu einer Gruppe von boshaften Nazis, die die Fantasiestadt bedrohen und klar von seinen Angreifern aus dem Jahr 2000 inspiriert sind.

 

Weird History/YouTube

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Abgesehen davon, dass er ein Städtchen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs im Maßstab 1:6 realisiert hat, hat Mark sich auch damit beschäftigt, professionelle und sehr ergreifende Fotos von seinen Figuren zu schießen. Wertvolle Kunstwerke, die Teil von Ausstellungen in Kunstgalerien, spezialisierten Zeitschriften und einer Dokumentation aus dem Jahr 2010 mit dem Titel Marwencol waren, die von Mark Hogancamps Leben handelt.

Die bewegende Geschichte dieses besonderen Mannes hat auch einen reizenden Film aus dem Jahr 2017 namens Willkommen in Marwen inspiriert, mit dem Oscarpreisträger Robert Zemeckis als Regisseur.

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